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Bericht vom 13.09.2007

Niedersächsische Musiktage 2007:

Vogler Quartett aus Berlin gastiert in Stade mit Joseph Haydn

© Jutta de Vries

Niedersächsische Musiktage 2007:

Vogler Quartett aus Berlin gastiert in Stade mit Joseph Haydn

„Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ op 51


©Jutta de Vries



„Zwischen Himmel und Erde“ ist das übergreifende Motto der diesjährigen Niedersächsischen Musiktage, die immer dann landesweit aufscheinen, wenn andernorts die Festspielsommer zu Ende sind.

Als neuer Intendant bietet der junge Musikwissenschaftler Dr. Markus Fein Feines an feinen Orten abseits von Mainstream und Massenpublikum. Vor Ort profilierten sich wie jedes Jahr die Sparkasse Stade-Altes Land und der Kulturkreis Stade als Mitveranstalter  mit der sicheren Wahl des Abendprogramms am 12. September im Königsmarcksaal des Stader Rathauses.



Die vier Herren vom Vogler Quartett aus Berlin mit Tim Vogler und Frank Reinecke, Violinen, Stefan Fehlandt, Viola und Stephan Forck, Violoncello hatten schon am Vormittag den begeisterten Grundschulkindern in der Schule am Burggraben „ein spielerisches Hörabenteuer“ mit Haydns Kaiserquartett beschert.



Haydn, der gerade eine verdiente Renaissance erlebt, bestimmte auch den Abend.

Seine „Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ ist eine meditationsähnliche, formal außergewöhnliche Quartettmusik: Vor- und Nachspiel umschließen sieben langsame Sätze in Sonatenform, die jeweils einem der biblisch bezeugten letzten Worte Christi zugeordnet sind. Die Auftragsmusik von 1786 für die Passionsandacht in der Kapelle Santa Cueva in Cadiz war als Zwischenspiel für die langen Predigtabschnitte gedacht, die jeweils über eine Stunde gedauert haben sollen, wie die Überlieferung kolportiert.

Haydn, der ja bekannt und beliebt ist wegen seiner blitzgescheiten, humorvoll- lautmalererischen Einfälle, geht bei diesem Werk andere Wege: er greift zurück auf die eigentlich schon "unmoderne" Kompositionsidee der barocken Klangrede, die er mit seinen eigenen, epochemachenden neuen Ideen verwebt. So erscheint den Gehalt der Christusworte musikalisch  transformiert und auf eine Ebene „zwischen Himmel und Erde“ entrückt, die den gläubigen Hörer in meditative Sphären versetzen kann.



In einem weltlichen Rathausaal und ziemlich weit entfernt vom Gedanken der Passionszeit mitten im September, scheint der Effekt für das Publikum - und vermutlich auch für die Musiker - ein anderer zu sein.

Sicher wäre sonst der Ton der ersten Geige sanfter und bewegter geraten und das Klangbild insgesamt von seiner objektiven scharfen Kontur abgerückt.



Hier im Konzertsaal wird deutlich, welche grandiose Kompositionskunst der „Vater des Streichquartetts“ in diesem schwierigen Werkkomplex bietet; neben der führenden 1. Geige gibt es auch erstmals Formen der gleichberechtigten Behandlung aller Instrumente.



Dieses Potential arbeiten die Musiker vom renommierten Vogler Quartett konsequent heraus. Die technische und musikalische Harmonie ist immerhin in mehr als 20 Jahren gemeinsamer Arbeit gewachsen und zu hoher Perfektion geführt.



Sehr konzentriert, sehr dicht, sehr spannungsreich, vollkommen kongruent und glasklar, beinahe ohne Vibrato und dabei fast orchestral im Klangraum, wird Haydn hier mehr als der Aufklärer als der gläubige Meditierer verstanden.

Und natürlich als der große Psychologe: Mit dem abschließenden, dann doch lautmalerischen, furiosen Erdbebensatz treffen Komponist und Musiker mitten ins Herz der Zuhörer. So wandelt sich zum Schluss Beklemmung in Bewunderung für eine nachhaltige Aufführung.



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