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Bericht vom 02.08.2013

Sommerliche Musiktage Hitzacker 2013, 1.August

TRAUMWERK mit dem Solistenensemble Kaleidoskop

© Jutta de Vries

Sommerliche Musiktage Hitzacker 2013, 1.8.
TRAUMWERK


Die Arbeit an und mit dem Phänomen TRAUM kann eine anstrengende Sache werden, der sich ein großer Teil der Hitzacker-Fans in der Hörerakademie gern stellen.


Waren am Mittwoch die neuronalen Zusammenhänge von Empfindung, Erinnerung und Assoziation in Bezug auf das Hören von Musik erörtert worden – Neuropsychologin Dr. Daniela Sammler aus Leipzig führte die Wissensdurstigen mit Witz und Charme in freier, für Laien verständlicher Rede in die Geheimnisse der Wissenschaft unseres inneren Musikerlebens ein -  , stand am  Donnerstag der deutsch-französische Composer in Residence, Marc Andre, in einem kurzweiligen und erhellenden Gesprächskonzert mit Carolin Widmann auf der Bühne.
In den voran gegangenen Konzerten waren seine Kompositionen ja auf Unverständnis gestoßen, weil sie radikale Extremsituationen des Hörvorgangs abbilden.
Durch Beispiele und Erklärungen verhalf der sehr sympathische Künstler den Hörern zu 
mehr KnowHow. Sein konsequenter Weg führt ihn aus der Nähe des Zwölftöners Webern zu weiter gehenden Fragmentierungen und Auflösungen von Klängen im Prozess, er reduziert, destilliert, verdichtet bis zu fast unhörbarer Transzendenz – das ist sein auch religiös geprägter Traum, sich dem Klang des „Verschwindens“ anzunähern: wie hat zum Beispiel wohl geklungen, als Jesus am Ostermorgen vor Maria Magdalena erschienen und vergangen ist, wie die Situation der Auflösung bei den Jüngern von Emmaus?  Es entsteht Existentielles am Rande der Hörmöglichkeit und  in einem geistlich-geistigen Kontext völliger Introversion.


Trotz dieser wichtigen Erklärungen und auch erkennbar wiederkehrender musikalischer und  spieltechnischer Muster fällt es am Abend im Konzert den Zuhörenden schwer, sich auf das Streichtrio „...zu...“ einzuhören, sicher auch deshalb, weil der Verdo-Saal die meisten Geräusche akustisch nicht transportieren kann. Wer das Glück hatte, nah an den Musikern zu sein, fand sich fasziniert von der Klanggeräusch-Vielfalt im kanonischen Repetitionsgefüge der Partitur und sank allmählich in einen Wachtraum-Zustand zwischen den Welten – von Ewigkeit „...zu...“ Ewigkeit.


Zentral befand sich dieses Werk innerhalb des kaleidoskop-artig komponierten Programms  „TRAUMWERK“ des diesjährigen Ensemble in Residence KALEIDOSKOP aus Berlin.
Die 15 jungen, hochbegabten Streicherinnen und Streicher treten in ihren  intelligent gebauten Programmen  in wechselnden Besetzungen auf und arbeiten hoch virtuos mit Querverweisen, auch quer durch die Musikgeschichte. Ausgewählte Sequenzen aus „Traumwerk“ für 2 Violinen des Zeitgenossen James Dillon wurden hier mit Fantasien des Renaissance-Komponisten Henry Purcell kontrastiert, Charles Avison, britischer Händel-Kontrahent, ist mit Scarlatti-Transkriptionen dabei und als zweiter Pol neben Marc Andre verstört „Black Angels“ von George Crumb, das der Komponist 1970 „in tempore belli“ für Streichquartett und Percussion schrieb. Wenn er sich dabei auch auf den Vietnam-Krieg bezog, ist die Theamtik rückblickend und auch heute so aktuell wie nie und beschwört einen bösen, düsteren AlbTraum.  Alle Formationen von Kaleidoskop sind super disponiert und von unglaublicher Spielfreude beseelt – eine Freude auch anzusehen in den bunten, fröhlichen Outfits.
Johlender Applaus im ganzen Saal, auch schon gleich zu Anfang, als die Liebhaber-Musiker des „Hausmusik-Projekts“ sich mit dem Ensemble gemeinsam an Samuel Barbers „Adagio for Strings“ musikalischen Lorbeer verdienten. 


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